Forderung nach Rückbau von Wasserkraftanlagen läuft ins Leere
Bundesverband Deutscher Wasserkraftwerke und Wasserkraftverbände sowie -Arbeitsgemeinschaften der Bundesländer kommentieren Memorandum des Leibniz-Instituts ++ Als bewährte Säule des Klimaschutzes und der Energiewende leisten Wasserkraftanlagen wichtigen Beitrag zum Umwelt- und Artenschutz
In dem am 4. November 2021 veröffentlichten „Memorandum zum politischen Zielkonflikt Klimaschutz versus Biodiversitätsschutz bei der Wasserkraft“ wird die Beendigung der Förderung der Stromerzeugung aus kleinen Wasserkraftanlagen gefordert. Dem entgegnet Hans-Peter Lang, Präsident des Bundesverbandes Deutscher Wasserkraftwerke (BDW) e.V.: „Klimaschutz ist die Grundvoraussetzung für Umwelt- und Artenschutz. Die rund 8.300 Wasserkraftanlagen in Deutschland sind eine bedeutende Säule des Klimaschutzes, sie leisten einen wichtigen Beitrag zur CO2-Reduktion und zur versorgungssicheren Energiewende in Deutschland.“
Der prozentuale Anteil der im Memorandum genannten 3,3 Prozent an der Stromerzeugung in Deutschland ist differenziert zu betrachten. In einigen Bundesländern liegt er deutlich höher, so zum Beispiel in Bayern, wo die Wasserkraftanlagen 16 Prozent des im Bundesland benötigten Stroms erzeugen. Daneben kommt es gerade nicht auf das absolute Maß der Stromeinspeisung an, sondern auf die Diversifizierung und Dezentralisierung der Energieerzeugung als Vorbeugung gegen den Klimawandel. „Die Wasserkraft hat mit ihrer grundlastfähigen, zuverlässigen und planbaren Produktion eine hohe Lieferqualität, was für eine erfolgreiche Energiewende unerlässlich ist“, betont Lang.
Der bloße Blick auf Leistung und Kilowattstunde wird der Bedeutung der Wasserkraft für die qualitativen Aspekte wie Netzstabilität und Systemdienstleistungen nicht gerecht. Tatsächlich ist die Intention des Memorandums nicht nachvollziehbar. An gerade einmal 13 Prozent aller Querbauwerke in der Bundesrepublik findet eine Wasserkraftnutzung statt. Die Fokussierung auf die kleine Wasserkraft lässt die komplexen Einflüsse der seit Jahrhunderten bestehenden urbanen Überprägung der deutschen Flüsse völlig außer Betracht. Auch die Wasserrahmenrichtlinie bezweckt nicht die Herstellung vollkommen unbeeinflusster Gewässer, sondern fordert eine standörtliche und ausgewogene Gewässerbewirtschaftung.
Selbst bei der Entfernung einer Wasserkraftanlage bleibt das Querbauwerk in den meisten Fällen aus Gründen des Hochwasserschutzes und der Gewässerregulierung erhalten. Die Forderung nach Abriss der Wasserkraftanlagen läuft daher praktisch ins Leere. Dies zeigt auch den mehrheitlich rein biologischen Blick der Unterzeichner auf die Gewässer. Wichtige Aspekte wie Wasserwirtschaft, Energieerzeugung, Gewässerbau und Gewässerentwicklung wurden komplett außen vor gelassen. Angesichts der Dürren der vergangenen Jahre muss die Rolle der Wasserkraftnutzung auch in einem System der Erhaltung des Umwelt- und Artenschutzes neu gedacht werden.
Auch das Jahrhunderthochwasser in einigen Regionen im Westen Deutschlands erfordert einen neuen Blick auf die Stauhaltungen, da sie verhindern, dass das Wasser bei heftigen Niederschlägen die Gewässer in extremer Geschwindigkeit herunterrauscht. Synergien und Potenziale zur Wasserkraftnutzung und deren Einbindung in ökologische Strategien sind möglich und sollten das Ziel eines ganzheitlichen Umwelt- und Klimaschutzes sein.
Die Wasserkraftverbände und Betreiber von Wasserkraftanlagen bieten hier einen fachlichen Dialog im Sinne eines nachhaltigen und zukunftsweisenden Klima- und Artenschutzes an. Der Nutzen der Wasserkraft ist von gesamtgesellschaftlicher Bedeutung und nicht pauschal auf die Erzeugung von Energie beschränkt. Die Nutzung der Wasserkraft in einem ökologisch-ökonomischen Gleichgewicht ist möglich und ein wichtiger Baustein nicht nur der Energiewende, sondern auch des Umwelt- und Artenschutzes.