Mitgliederversammlung und Infoveranstaltung „Wasserkraft in NRW 2016″

29. September 2016, Rhede

Am 29. September 2016 fand die Mitgliederversammlung der AG Wasserkraftwerke NRW in Rhede statt. Direkt im Anschluss wurde im öffentlichen Teil, der in Zusammenarbeit mit der EnergieAgentur.NRW veranstaltet wurde, über die aktuelle Chancen und Herausforderungen diskutiert.

Hier schildert Dr. Ronald Heinze, Geschäftsführer der Stadtwerke Rhede, zunächst die Wasserkraftaktivitäten des Unternehmens. Die Stadtwerke betreiben zwei Wasserkraftschnecken an der Bocholter Aa, deren Chronologie er vom Entwurf über die Genehmigung und Bau bis hin zum Betrieb und Monitoring erläutert. Am Standort Krechting wird an einem ehemaligen Mühlenstandort seit 2006 wieder die Wasserkraft genutzt. Die Wasserkraftschnecke am Bocholter Aasee ist seit Anfang 2014 in Betrieb. Bei beiden Standorten hat sich eine fahrbare Rechenanlage zur Durchleitung des Geschwemmsels bewährt. Sowohl in Krechting als auch am Bocholter Aasee sind die Fischtreppe sowie der Rad- bzw. Fußweg bewusst nah an die Anlage gesetzt, damit die Energieerzeugung gut gesehen wird. Heinze betont dabei den Wert einer guten Öffentlichkeits- und Marketingarbeit, welches u.a. durch ein jährliche Schneckenfest zum Ausdruck kommt.

Im Anschluss stellt Stefan Prott, Leiter des Netzwerks Wasserkraft der EnergieAgentur.NRW, Aktuelles rund um die Wasserkraftnutzung in Nordrhein-Westfalen vor. Dabei erläutert er u.a. die Problematik, dass die Förderung von Wasserkraftanlagen über das Programm progres.nrw aufgrund der beihilfewidrigen Kumulierung von Fördermitteln noch immer ausgesetzt ist. Da in absehbarer Zeit jedoch vom BMWi entsprechende Möglichkeiten bzw. Regelungen festgesetzt werden sollen, zeigt er sich optimistisch, dass bald wieder Anlagen förderfähig sind. Des Weiteren legt er auch Inhalte und Ergebnisse des Fischschutzmonitorings und des regelmäßigen Infoaustauschs mit dem NRW-Umweltministerium dar. Außerdem berichtet Prott über die jüngste Zukunftsenergietour von Umweltminister Remmel zur Wasserkraftanlage Herrnstein und stellt Tobias Zöllner als neuen zuständigen Referenten für Wasserkraft im NRW-Umweltministerium vor.

In der Mittagspause wird die Wasserkraftschnecke Krechting besichtigt, die in unmittelbarer Nähe zum Veranstaltungsort liegt. Die Anlage erzeugt jährlich etwa 240 MWh Strom. Dirk Nienhaus, technischer Leiter der Stadtwerke Rhede führt die Mitglieder über den Standort, bei dem neben der Wasserkraftschnecke im Rahmen des Neubaus des Standortes auch ein Fischpass, eine Böschungsmauer mit Flussbalkon sowie eine Holzbrücke entstanden sind. Die Funktionstüchtigkeit des Fischpasses wurde durch ein Fischmonitoring bestätigt.

Nach der Mittagspause referiert Till Schneider von innogy SE, über das biologische und technische Monitoring an der Pilotanlage Unkelmühle an der Sieg. Dabei stellt er auch erste Ergebnisse und Perspektiven des Betreibers vor. Im Rahmen des Projektes wurde der Standort mit Fischschutz- und Abstiegseinrichtungen ausgerüstet. Unter anderem wurde ein geneigter 10 mm Vertikalrechen eingebaut, wobei in den drei Turbinenzuläufen unterschiedliche Rechenstabprofile zum Einsatz kamen. Der geringe Rechenabstand führte dabei zu einer erhöhten Verlegung und auch die Reinigung der auslegenden Rechenfläche war technisch komplex. Daraufhin erläutert Schneider die Inhalte und erste Ergebnisse des biologischen und technischen Monitorings.

Zum Abschluss stellt Betreiber Johannes Lücking den Standort Wöbbel an der Emmer vor. Im Rahmen des Baus einer Fischtreppe am Ausleitungswehr hat er zusätzlich eine Restwasserkraftschnecke mit einer Leistung von 60 kW realisiert. Der Einbau der Schnecke war sinnvoll, da der Fischaufstieg ohne gelenkte Lockströmung wenig erfolgsversprechend gewesen wäre. Zusätzlich kann somit der Fischabstieg über die Schnecke erfolgen. Der Fischtreppe konnte mit Fertigbetonteilen sehr kostengünstig gestaltet werden. Um auch schwimmschwachen Fischen den Aufstieg zu ermöglichen, wurde sie bewusst sehr lang und flach angelegt.

Im Anschluss an die Vorträge schließt sich die Besichtigung der Wasserkraftschnecke am Bocholter Aasee an. Nienhaus zeigt bei der Führung die Wasserkraftschnecke, die zusammen mit dem Fischpass direkt am Stauwehr der Bocholter Aa angesetzt wurde. Ein biologisches Monitoring dokumentiert die Funktionstüchtigkeit dieser Fischaufstiegshilfe in Bocholt, wie auch bei der Anlage Rhede-Krechting, und sammelt somit wertvolle Erkenntnisse für weitere Projekte.

Anschließend ging es weiter zum Standort Eisenhütte, am westlichen Stadtrand von Bocholt. Im Zuge der Sanierung der Wehranlage wird die gewässerökologische Durchgängigkeit hergestellt aber auch das Wasserkraftpotenzial erschlossen. Dr. Bernd Walters, der als privater Investor zusammen mit der Stadt Bocholt das Projekt durchführt, führte über die Baustelle. Der Turbinenstandort hat eine Ausbauwassermenge von ca. 4 m³/s und eine installierte Leistung von etwa 80 kW.